Porno Statt Political Correctness

Focus Magazine, Germany 3/5/2005 In Zeiten, wo Bush regiert und Amerika wieder an den lieben Gott glauben soll, provoziert Fotograf Timothy Greenfield-Sanders mit seinem Projekt „XXX 30 Porn-Star Portraits“. Der New Yorker Künstler, bekannt für seine Porträts von Politikern, Stars und Künstlern, hat 30 Prominente aus der Porno-Szene abgelichtet. In einem Land, wo Janet Jacksons bloß gelegte Brustwarze (absichtlich?) während der Superbowl-Übertragung zu einem Aufschrei der Prüden führte, zeigt Greenfield-Sanders ungeschminkt Menschen, die mit Sex ihr Geld verdienen. Aber es ist ein Trugschluss zu denken, die Aktfotos seien automatisch pornografische Bilder, nur weil es sich dabei um Profis der Sexindustrie handelt. Allein schon weil der Fotograf, von dem das New Yorker Museum of Modern Art vor zwei Jahren 700 Porträtstudien erwarb, nicht bereit ist, Klischees zu bedienen. Das beginnt bereits bei der Auswahl, die Super-Stars wie die kurvige Jenna Jameson ebenso einschließt wie den dicklichen Ron Jeremy, der seit über 20 Jahren im Geschäft ist und mit 1750 Pornofilmen im Guiness-Buch der Rekorde steht. Ungefiltert sind Menschen zu sehen, wie sie eben sind – mit Operationsnarben, Falten, Tätowierungen und den typischen Merkmalen des Alters. Zugleich wird die Wahrnehmung des Betrachters in Frage gestellt, indem Greenfield-Sanders zu jedem Bild ein Gegenbild stellt: einmal dieselbe Person ganz bieder angezogen, einmal ausgezogen. Und wer hätte das gedacht, plötzlich werden aus den silikonbusigen Porno- Darstellerinnen ganz brave Mädchen von nebenan. Die Fotos des XXX-Projekts sind jetzt erstmals in Deutschland zu sehen. Gleichzeitig ist ein englischsprachiges Buch mit den Arbeiten von Greenfield- Sanders erschienen, für das nicht nur Gore Vidal das Vorwort geschrieben hat, sondern auch noch Größen wie Salman Rushdie, John Malkovich und Lou Reed über das Wesen der Pornographie sinnieren.